Kritischer Blick auf den Mauerfall und die Nachwendejahre
Sammelband „Erinnern stören“ wird in der Stadtbibliothek vorgestellt

In der offiziellen Erinnerung gelten der Fall der Berliner Mauer und die nachfolgende Wiedervereinigung als historische Glücksfälle, auch wenn manche Entwicklungen rückblickend als mehr, andere als weniger gelungen betrachtet werden. Eine grundsätzlich andere Sichtweise auf das Ende des Kalten Krieges und die Deutsche Einheit wählt dagegen der aktuelle Sammelband „Erinnern stören“. Auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen-Anhalt stellen die Mitherausgeberin Lydia Lierke und die Autorin Cynthia Zimmermann die kontroversen Thesen am Donnerstag, 24. März um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek vor.

Ausgangspunkt der vielschichtigen Beiträge des Bandes sind die Standpunkte von Migrant*innen und jüdischen Bürger*innen wie dem streitbaren Publizisten Max Czollek oder der bekannten Autorin Anetta Kahane, die als Kind zurückgekehrter jüdischer Emigranten in Ost-Berlin aufwuchs und 1998 die Amadeu Antonio Stiftung gründete. Für die Herausgeber*innen und viele der Beitragenden erscheint der Mauerfall vor 30 Jahren eher als eine gewaltvolle Zäsur, in deren Folge Minderheiten ausgeschlossen wurden und rassistische Strömungen anwuchsen. Die Morde des terroristischen NSU-Trios stehen dann in einer langen Reihe von Gewalt, die mit den Ausschreitungen gegen Asylbewerberheime in den frühen 1990er Jahren begann. Die bislang übersehenen Erfahrungen der Ausgegrenzten im Prozess der deutsch-deutschen Vereinigung wollen die Autor*innen demgegenüber sichtbar machen. Zugleich wird an Kämpfe von Migrant*innen um Teilhabe und die Selbstbehauptung gegen Rassismus erinnert. So beinhaltet das Buch Geschichten von Bürgerrechts- und Asylkämpfen ehemaliger Gastarbeiter*innen, von Geflüchteten in BRD und DDR, Beiträge über den Eigensinn von Vertragsarbeiter*innen über jüdisches Leben in Ost und West sowie über die Kämpfe von Sinti und Roma im geteilten Deutschland.

Alle interessierten Besucher sind zur Buchvorstellung „Erinnern stören“ mit Lydia Lierke und Cynthia Zimmermann am Donnerstag, 24. März, um 19.30 Uhr in der Zentralbibliothek, Breiter Weg 109 herzlich willkommen.
Es gilt die 3-G-Regel.
Der Eintritt ist kostenfrei.